
Wander-Eldorado Neuseeland - Basics (Teil 2)
Hier folgt der zweite Grundlagen-Teil zum Wandern in Neuseeland mit vielen Infos zu den Great Walks, Buchungen der Hütten, Schwierigkeitsgrad der Tracks, Wetter und Outdoor-Sicherheit. Den ersten Blog-Beitrag zum Thema kannst Du hier aufrufen.
Neuseelands Premium Tracks: Great Walks, Day Hikes und Short Walks
Die Great Walks Neuseelands sind ausgewählte Mehrtageswanderungen mit besonders beeindruckender Landschaftsszenerie. Premium ist hier aber nicht nur die Umgebung, auch die Rahmenbedingungen wie Ausstattung der Wanderhütten, Wegbeschaffenheit und die Entschärfung kritischer Wegstellen laden fitte Tramping-Einsteiger zur „Tour-Natur“ ein. Aktuell sind neun Tracks als Great Walk ausgezeichnet, alle verlaufen durch einen oder mehrere Nationalparks.
Mein persönlicher Favorit ist der Routeburn Track – bei schönem Wetter ein Weltklasse-Wanderweg für Panorama-Junkies wie mich. Ende 2019 kommt mit dem Paparoa Track ein zehnter Great Walk hinzu und in späteren Jahren sind ein oder zwei weitere geplant.
Seit Ende 2017 gibt es – ähnlich der mehrtägigen Great Walks – eine Auswahl besonderer Tageswanderungen (Best Day Hikes, zwischen 3 und 8 Stunden) und kürzeren Wanderungen (Best Short Walks, zwischen 30 min und 3 Stunden).
Wie für Konzerttickets der Lieblingsband: Buchungen für die Great Walks
Übernachtungen entlang der Great Walks und einige weitere populäre Hütten sowie Zeltplätze ('Backcountry huts and campsites') müssen im Voraus gebucht werden. Wie zeitig die Buchung erfolgen sollte, hängt vom Track und der Reisezeit ab, außerdem davon, ob in Hütten oder im Zelt genächtigt werden soll. Generell gilt: Je eher die Buchung, desto besser. Jedes Jahr nimmt die Nachfrage zu! Meist werden die Tickets für die kommende Wandersaison im Frühling der nördlichen Hemisphäre freigeschalten.
Am populärsten ist der Milford Track. Um hier einen Platz in den Hütten zu einem bestimmten Datum zu ergattern, ist eine frühestmögliche Buchung empfehlenswert. Hier geht es teilweise um Minuten! Auch für den Routeburn Track ist eine sehr zeitige Hüttenbuchung ratsam.
Für alle anderen Great Walks ist allgemein bei geplantem Besuch in der Hochsaison im Dezember und Januar eine Vorausbuchung von drei bis sechs Monaten sinnvoll, für Plätze um Neujahr herum sogar noch eher. Für die Zeltplätze ist die Situation deutlich entspannter, für die gibt es durchaus je nach Reisezeit einige Tage vorab noch freie Kapazitäten (Ausnahmen: Milford Track, hier gibt es gar keine Campsites und die Lake Mackenzie Campsite auf dem Routeburn Track).
Buchungsmaske für die Great Walks - Screenshot Department of Conservation Te Papa Atawhai
Der Versuch, hunderte Tracks in sechs Kategorien zu quetschen
Ein paar Worte zu den Anforderungen der Wanderwege: Die neuseeländische Naturschutzbehörde Department of Conservation (kurz: DOC) ordnet die Tracks des Landes in sechs verschiedene Kategorien ein, von buggytauglichen „Easiest“-Spaziergängen bis hin zu den „Routes“ für erfahrene Wanderer.
Du solltest Dir bewusst sein, dass diese Zuordnung nur grob nach der Wegbeschaffenheit (von eben und „manikürt“ bis steil, felsig und ursprünglich mit möglichen Flussquerungen) und der Beschilderung (von „Verlaufen unmöglich“ bis „off-track“ ohne jegliche Wegweiser) erfolgt. Statt blind dieser Kategorisierung zu folgen, solltest Du vorab ausreichend Recherche betreiben (z.B. vor Ort bei den vielen hilfreichen Mitarbeitern in den DOC-Besucherzentren oder durch meine Beratung).
Zu den „Hausaufgaben“ gehört es auch, die notwendige Fitness für die gewünschten Wanderungen mit der eigenen körperlichen Verfassung zu vergleichen. Beispielsweise ist der bekannte Roys Peaks Track zwar als Easy Walking Track angegeben (leicht begehbarer Weg mit sehr guter Beschilderung), gleichzeitig ist aber ein Anstieg von über 1.000 Höhenmetern zu bewältigen. Sind Mehrtagestouren angedacht, dann sollten die Auswirkungen von Rucksackgewicht auf Gehgeschwindigkeit und die benötigte Kraftreserven eingerechnet werden.
Wetter ist nicht gleich Wetter
Eine weitere enorm wichtige Variable bei der Vorbereitung ist das neuseeländische Wetter. Verschiedene Kapriolen mit Sturm, heftigem Regen oder Schneefall haben bei meiner Recherchetour durchs Land einige Planänderungen notwendig gemacht. Du solltest jederzeit mit Einschränkungen oder gar Tracksperrungen rechnen.
Bei der Planung macht es einen großen Unterschied, ob eine Wanderung etwa durch den sonnenverwöhnten Abel Tasman National Park oder durch das regenreiche Fiordland mit bis zu sieben Metern Niederschlag im Jahr (zum Vergleich: in Deutschland je nach Region ca. ein Meter) führt. Um weitere Beispiele zu nennen: 100 km ostwärts in Central Otago plagen den Wanderer Hitze und Wassermangel, die Tararuas nördlich von Wellington sind berüchtigt für die starken Winde und plötzlichen Wetterumschwünge. Nicht zuletzt entscheidet auch die Jahreszeit darüber, welche Erfahrung und Fitness Du als Wanderer mitbringen solltest.
Im neuseeländischen Winter sind übrigens durchaus Wanderungen möglich. Allerdings ist die Auswahl an Alternativen im Vergleich zum Sommer ziemlich eingeschränkt. Gerade in den Bergen der Südinsel sind die Schneeverhältnisse nur für wirklich wintererfahrene Outdoorer geeignet. Bis in den November hinein kann es an vielen Stellen Lawinenabgänge geben. Brücken entlang der Tracks sind teilweise abgebaut, Transportanbieter machen Ferien, die Tage sind kurz und Temperaturen niedrig.
Kurzum: Solltest Du nicht in der glücklichen Lage sein, Neuseeland öfters besuchen und sich einzelne Gebiete wie den Norden der Südinsel herauspicken zu können, dann ist diese touristenfreie Zeit fürs Wandern nicht zu empfehlen. Die bessere Zeit dafür ist von November bis in den April hinein.
Respekt, aber keine Angst vor Neuseelands Backcountry
Den Wandergebieten Neuseelands gebührt ein gesundes Maß an Respekt. Die moderne Infrastruktur des Landes und das allgemein einfache Reisen solltest Du nicht gedankenlos auf das Verhalten in der Wildnis übertragen. Jedes Jahr rücken Freiwillige der Such- und Einsatzkräfte mehr als 500-mal aus, um in Not geratene Wanderer zu retten. Nicht selten ist der Grund mangelnde Vorbereitung wie z.B. unpassende und fehlende Ausrüstung oder ungenügende Fitness und Erfahrung. Gerade spontane Tageswanderungen oder kürzere Touren werden häufig unterschätzt.
Passiert dann doch etwas Unerwartetes, entwickeln sich vermeintlich kleine Probleme schneller zu kritischen Angelegenheiten. So war z.B. im Mai 2016 eine amerikanische Mutter mit ihrer 20jährigen Tochter zur Tageswanderung auf dem Kapakapanui Track in den Tararuas bei Wellington aufgebrochen. Sie verliefen sich und mussten bis zu ihrer knappen Rettung vier Tage und Nächte im Wald ausharren.
Ein Notfallsender (Personal Locator Beacon, PLB) hätte hier schnelle Hilfe bedeutet, denn Handyempfang war wie auf den meisten Tracks des Landes nicht verfügbar. Außerdem wäre es wichtig gewesen, jemanden über die Wanderpläne zu informieren.
Daher zum Schluss mein wichtigster Rat: Wer mit freiem Kopf ohne Bedenken seine Wanderungen in Neuseelands Wildnis genießen möchte, dem empfehle ich eine sorgfältige Vorbereitung, und zwar von A wie Ausrüstung bis Z wie Zeitplanung.
Ich wünsche Dir erlebnisreiche, unvergessliche und sichere Wanderungen!
Der Artikel ist in ähnlicher Form im Magazin 360° Neuseeland, Heft 03/2018, erschienen.
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Herbst 2019 ist es soweit: Meine beiden Wanderführer zur Nord- und Südinsel kommen in den Handel. Bis dahin heißt es noch etwas Geduld. Gerne nehme ich natürlich bereits Vorbestellungen an.